Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,

vergangenes Wochenende hat Nils Schmid bekannt gegeben, dass er im Oktober nicht erneut für den Landesvorsitz kandidieren wird. So wie im Fußball nach Misserfolgen nach einem Trainerwechsel gerufen wird, war es auch für viele nicht vorstellbar, dass Nils weitermacht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Auf diese Weise verlieren wir leicht hervorragende Köpfe, über die wir ja nicht endlos verfügen. Klar kann man sich jemanden wünschen, der Bierzelte zum Kochen bringt. Und wie sollte es anders sein, dass es auch in Sachfragen hier und da Kritik geben kann. Ich finde aber: Nils verdient höchsten Respekt – für kluge Verhandlungen in 2011, unsere Regierungsbilanz von der Abschaffung der Studiengebühren über das Tariftreuegesetz bis zu den wiederholten ausgeglichenen Haushalten und nicht zuletzt dafür, dass er nach der Wahl nicht einfach hingeschmissen, sondern tatsächlich Verantwortung übernommen hat, indem er mit uns den notwendigen Erneuerungsprozess gestaltet. Jetzt kommen erste Köpfe aus der Deckung, Namen kursieren, und ich finde das ganz hervorragend: Es zeigt, dass die Partei lebt, dass wir den Laden nicht aufgeben, sondern einfach wieder neu beginnen.

Am Mittwoch hatten wir hier in Berlin eine Veranstaltung des parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung, dessen stv. Vorsitzender ich bin. Thema: Nachhaltigkeit ins Grundgesetz. Unter anderem haben sich der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, und Gesine Schwan dafür ausgesprochen. Übrigens klar unter Verweis auf die soziale Dimension der Nachhaltigkeit, die in unserer Verfassung nicht gleichrangig mit der ökologischen und ökonomischen Dimension abgebildet ist. Ich finde, Nachhaltigkeit gehört auch in die Landesverfassung. Einen entsprechenden Entwurf für einen Antrag habe ich ausgearbeitet. Interessierte Gliederungen unserer Partei können diesen gerne aufnehmen und/oder mich zu Diskussionen einladen.

Am Donnerstag hat im Bundestag zunächst Bundestagspräsident Lammert die Entgleisungen des türkischen Präsidenten Erdogan entschieden zurückgewiesen – recht so. Anschließend ging es um “Demokratie für alle”. Ich habe in der Debatte gesprochen und musste begründen, warum wir die Anträge der Linken weitgehend für sinnvoll halten (sie haben viel von uns kopiert) und dennoch nicht zustimmen. Das liegt daran, dass wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben, dass die Koalitionsfraktionen nicht unterschiedlich abstimmen. Davon unberührt ist selbstverständlich, wenn es um Gewissensentscheidungen geht, wie es unsere Verfassung vorsieht. Es ist das gute Recht der Opposition, Themen auf die Tagesordnung zu setzen. Es ist auch legitim, dass dabei Themen ausgewählt werden, wo man weiß, dass die Regierungskoalition intern unterschiedliche Auffassungen hat. Schlecht finde ich, wenn so getan wird, als könne in einem Parlament jeder machen, was er will. Wir haben alle einen Auftrag, aufklärerisch zu wirken was die Grundlagen und Spielregeln unserer Demokratie angeht. Keine soziale Einheit funktioniert, wenn jeder einfach macht, was er will, keine Zweierbeziehung, keine Familie, keine Stadt und natürlich auch keine Regierung. Deshalb gibt es Verhandlungen, deshalb gibt es Verträge, und an die sollte man sich nach Möglichkeit halten. Demokratie hat den friedlichen Interessensausgleich zum Ziel. Friede und Stabilität hängen eng zusammen. Stabilität braucht Verlässlichkeit, die sollte niemand diskreditieren. Gleichzeitig lohnt es auch, über “mehr Demokratie” im Parlament nachzudenken. Ich wünsche mir schon, dass es mehr Gelegenheiten gibt, zu denen das Parlament einfach frei entscheidet. Die Ehe für alle oder Volksentscheide hätten wir dann längst. Alle, die das gut finden, müssen dann übrigens damit rechnen, dass es auch Mehrheitsentscheidungen geben kann, die sie dann nicht gut finden, das gehört zur Demokratie dazu.

 

 

 

Herzliche Grüße von
Lars Castellucci

 

Termine:

  • Sonntag, 12. Juni, 11 Uhr: Verleihung Schillerpreis, Schauspielhaus Mannheim.
  • Mittwoch, 15. Juni, 18 Uhr: Amtseinführung Oberbürgermeister Reinwald, Festhalle des Zementwerks, Leimen.
  • Donnerstag, 16. Juni, 12 Uhr: Besuch der Theater AG am OHG Wiesloch.
  • Donnerstag, 16. Juni, 16:30 Uhr: Besuch der Internationalen Gesamtschule Heidelberg.