Gemeinsam mit Helge Lindh, meinem Kollegen im Deutschen Bundestag und ebenfalls Mitglied im Innenausschuss, habe ich mich geäußert zum Kabinettsentwurf eines Gesetzes zur Familienzusammenführung und dem anstehenden parlamentarischen Verfahren:
Der Gesetzentwurf zum Familiennachzug, der am Mittwoch im Kabinett verabschiedet wurde, stellt eine grundlegende Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf aus dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) dar. Der SPD ist es gelungen, an vielen Stellen Verbesserungen auszuhandeln.
Dennoch bleibt es ein wenig befriedigender, hart umkämpfter Kompromiss, der es zumindest ermöglicht, den am 17. März 2016 ausgesetzten Familiennachzug, wenn auch eingeschränkt, generell wieder zuzulassen. Ein Kompromiss, den die SPD zähneknirschend mitgetragen hat, um ihrer Regierungsverantwortung gerecht zu werden und damit in vielen anderen Bereichen Verbesserungen für die Menschen in Deutschland herbeiführen zu können.
Mit der Beteiligung von drei unterschiedlichen Behörden bei der Entscheidung über die Familienzusammenführung geht die Bundesregierung einen neuen, unerprobten Weg. Die damit einhergehenden immensen bürokratischen Anforderungen bergen das Risiko, dass das ohnehin geringe Kontingent von 1000 Personen pro Monat nicht ausgeschöpft wird. Es ist die Position der SPD-Bundestagsfraktion, eine Übertragbarkeit der nicht ausgeschöpften monatlichen Kontingente zu ermöglichen. In den Ressortverhandlungen ist es dem SPD-geführten Auswärtigen Amt (AA) und Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
(BMJV) gelungen, diese Übertragbarkeit zumindest für die ersten fünf Monate zu sichern. Vor diesem Hintergrund halten wir eine Evaluierung der vorgeschlagenen Regelungen nach Ablauf der Startphase für dringend erforderlich.
Wir erwarten, dass sich in der Verwaltungsvereinbarung, die dem Gesetzentwurf beigefügt werden soll, praktische, transparente und nachvollziehbare Hinweise für die Behörden hinsichtlich der Bearbeitung der Anträge wiederfinden. Hierzu zählen wir auch Instrumente zur Entlastung der beteiligten Behörden, wie eine Warteliste, die verhindern soll, dass positiv beschiedene Anträge monatlich neu gestellt und entschieden werden müssen, weil das 1000er-Kontingent im Monat der Antragsstellung bereits ausgeschöpft war.
Das BMI war in den Ressortverhandlungen nicht bereit, auf diesbezügliche Forderungen aus dem AA und BMJV einzugehen. Auch jetzt wird in der Union nicht darüber diskutiert, wie man die betreffenden Behörden stärken und entsprechende Verfahren vereinfachen könnte. Stattdessen wird mit der Gefährder-Debatte aus populistischen Erwägungen ein neues Schreckgespenst geschaffen. Das zeigt, dass es der Union nicht darum geht, dass das von ihr als so zentral erachtete Gesetz praktisch funktioniert, sondern um Symbolpolitik und Wahlkampfinszenierung auf Kosten schutzsuchender Familien.