Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

„Hallo Herr Castellucci, wie geht´s? Mal eine banale Frage: Was machen Sie eigentlich, bis die Regierung steht? Während der Koalitionsverhandlungen bleibt für Sie doch nicht viel zu tun, oder?“, so fragte mich am Dienstag ein Journalist über WhatsApp.

Gut, dass solche „banalen” Fragen gestellt werden, denn wahrscheinlich wüssten die wenigsten Menschen eine Antwort darauf. In dieser Woche hat sich der neue Bundestag konstituiert, also zum ersten Mal getagt und sein Präsidium gewählt. Das ist immer ein besonderer Moment und bei der Rede von Bärbel Bas war ich besonders gerührt. Denn sie hat darauf verzichtet, irgendetwas zu sagen, was man vielleicht denkt, was bei solchen Anlässen gesagt werden müsste, sondern einfach und auch in einfachen Worten gesagt, was ihr tatsächlich wichtig ist. Besonders eindringlich fand ich ihre Mahnung, diejenigen nicht zu vergessen, die sich von Politik abgewendet haben und nicht aufzugeben, immer wieder neu auch um ihr Vertrauen zu werben. Insgesamt hat sie eine große Einladung ausgesprochen, mitzugestalten in unserm Land, und das kann ich nur unterstützen, denn „Gemeinsam schaffen wir ein gutes Land für alle”.

Aber tatsächlich sind derzeit alle anderen Funktionen in Ausschüssen und Arbeitsgruppen nicht besetzt. Auch bei den Fürbitten im ökumenischen Gottesdienst am Morgen vor der Konstituierung habe ich als Beauftragter der Fraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften in der letzten Wahlperiode mitgewirkt, wer die Funktion in der neuen Fraktion einnimmt, ist offen. Das ist so normal wie anstrengend. Die Themen bleiben ja nicht stehen. In meinem bisherigen Arbeitsbereich machen uns Afghanistan und die Situation an der belarussischen Grenze Sorgen. Menschenrechte können nicht auf Koalitionsverträge warten. Also schalten wir uns als Parlamentarier ein, auch wenn wir dafür noch kein neues Mandat der Fraktion haben, tragen Informationen zusammen, klären Positionen, suchen Lösungen. Ein Verhalten wie das des belarussischen Diktators, Menschen als Druckmittel zu nutzen, falsche Versprechungen zu machen und an der Grenze ins Niemandsland zu entlassen, wo sie nicht vor und zurück können, ist schäbig. Ich bin dafür, darauf nicht nur mit Sanktionen zu antworten, sondern die jeweiligen Machthaber auch persönlich in Haftung zu nehmen. Sie gehören vor Gericht gestellt und für staatlichen Menschenhandel verurteilt.

An den Koalitionsverhandlungen wirke ich beratend in den Arbeitsgruppen „Innere Sicherheit, Bürgerrechte, Sport“ und „Flucht, Migration, Integration“ mit und bin dafür auch die ganze Woche in Berlin geblieben. Aber als Abgeordneter ist man ja auch für seinen Wahlkreis zuständig. Es gefällt mir, wenn sich Kolleginnen und Kollegen direkt nach der Wahl erneut auf Marktplätzen oder Tür zu Tür zeigen und für die Wahl bedanken. Die Vorstellung, Politiker kämen immer nur vor der Wahl, sitzt leider sehr tief. Ich glaube übrigens, dass das eher damit zusammenhängt, dass die Menschen vor Wahlen auch eine ganz andere Aufmerksamkeit für Politik haben und uns auch deshalb stärker wahrnehmen. Ich war jedenfalls vergangene Woche auch wieder im Wahlkreis unterwegs. Unter anderem habe ich in Tairnbach beim Stammtisch im Schützenhaus vorbeigeschaut. Das war sicher eine Überraschung und so will ich es weiter halten, also gerade dort auftauchen, wo man mich vielleicht nicht erwarten würde. Und damit: langweilig wird es also nicht.