Die BBC hat mich heute zur abgesagten Pegida-Demonstration und zur Integrationspolitik in Deutschland interviewt.
Die Aufnahme im englischen Originalton finden Sie hier.
F: Was halten Sie von der Entscheidung, die Pegida-Demonstration abzusagen?
A: Ich bin nicht glücklich darüber, aber die Polizei macht hier ihren Job und schützt die Menschen. Wir hatten eine konkrete Warnung über einen terroristischen Angriff auf den Pegida-Organisator Bachmann. Das ist eine Ausnahme, ein Einzelfall, und in diesem Fall gerechtfertigt.
F: Doch gerade wenn europäische Politiker zurzeit die Meinungsfreiheit so sehr hochhalten, führt das Absagen einer Protestdemonstration dann nicht in die falsche Richtung?
A: Ich verstehe die Kritik und hoffe, es ist eine einmalige Sache. Aber die erste Pflicht, die wir haben, ist es, das Leben der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
F: Was ist mit der wachsenden Menge an Leuten, die an Pegida-Demonstrationen teilnehmen möchten? Denken Sie, dass Politiker – wie Sie – diesen Menschen genug Zeit und Aufmerksamkeit widmen?
A: Wir müssen unsere Beziehung zu diesen Leuten verbessern und stärken und wir müssen mit ihnen sprechen und neue Räume für Dialoge schaffen, das stimmt. Was ich aber klarstellen möchte: Es gibt mehr Menschen auf den Straßen, die gegen Pegida demonstrieren, als Menschen, die im Namen von Pegida demonstrieren. Außerdem bringt Deutschland – zumindest in absoluten Zahlen – die größte Anzahl an Flüchtlingen in ganz Europa unter. Und hier herrscht eine überwältigende Großzügigkeit, Offenheit und Hilfsbereitschaft.
Natürlich darf man Pegida nicht vernachlässigen, das ist klar, und wir müssen mit den Leuten auf der Straße in Kontakt zu bleiben. Dennoch ist Pegida nicht, was es behauptet zu sein. Es ist eine Minderheit, die ihre Unzufriedenheit ausdrückt.
F: Wie gut integriert Deutschland Neuankömmlinge, Menschen mit verschiedenen Hintergründen? Und wie gut integrieren sich diese selbst? Wie gut integrieren sich Muslime, die nach Deutschland kommen, in die deutsche Gesellschaft?
A: Wir werden immer besser, würde ich sagen. Mein Vater kam in den 1960-ern aus Italien nach Deutschland. Wir haben jetzt 50 Jahre Erfahrung mit Integration.
Die Leute, die hier anfangs ankamen, bekamen überhaupt keine Ausbildung, keine Sprachkurse und solche Dinge. Aber heute, wissen wir, sind Sprachkenntnisse das Wichtigste. Und wir müssen die Leute arbeiten lassen. Auch Asylbewerber. Es ist einfach furchtbar zu Hause oder in einer Baracke zu sitzen und nichts zu tun zu haben.
Ich glaube, es bleibt noch viel zu tun für uns. Es ist immer schwierig, wenn Leute zusammenkommen, die sich nicht kennen. Aber wir müssen ihnen helfen, sich gegenseitig besser kennen zu lernen und miteinander zu sprechen: Was möchten sie voneinander? Was macht gutes Leben in Deutschland aus?
F: Lassen Sie uns kurz, wenn es Ihnen nichts ausmacht, über ein anderes Thema des Zusammenlebens sprechen, das zurzeit in Großbritannien und Frankreich viel diskutiert wird. Es geht um den Platz von Juden in der Gesellschaft und den wachsenden Antisemitismus, der manchen Juden den Eindruck vermittelt, dass sie das Land verlassen müssen. Tatsächlich ist aber auch Berlin ein Ort, den viele Juden aufsuchen, weil sie sich dort wohler fühlen. Erzählen Sie uns etwas über den Antisemitismus in Deutschland heutzutage?
A: Wir sind froh, dass jüdisches Leben wieder in Deutschland stattfindet. Natürlich gibt es dort auch Angst, das ist vor dem Hintergrund unser Geschichte verständlich. Aber gerade Berlin ist eine große tolerante Stadt mit Leuten aus der ganzen Welt. Ich würde sagen, insgesamt ist das ein sicherer Ort für jeden und jeder ist willkommen, der unsere Verfassung achtet und sein Leben führt ohne anderen zu schaden.