Liebe Genossinnen und Genossen,

liebe Freundinnen und Freunde,

am Mittwoch bin ich nach der Debatte zur Regierungserklärung unseres Bundeskanzlers mit keinem guten Gefühl zurück in mein Büro gegangen.

Wieder einmal hat vor allem unser Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich Worte gefunden und den Ton getroffen, dem ich am meisten abgewinnen konnte: “Berechenbarkeit und Integrität sind entscheidend für die Demokratie”. Das gilt gerade auch angesichts der weiterwachsenden Verunsicherung, nicht zuletzt im Lichte des Wahlergebnisses in den Vereinigten Staaten.

Klar, es läuft nun die medial angefeuerte Schlacht um die Deutungshoheit “Wer war schuld?” und um die Bilanz der SPD-geführten Bundesregierung, die ich angesichts der vielfältigen und schweren Krisen durchaus beachtlich finde. Aus meiner Sicht wird dabei aber zweierlei übersehen: Erstens, die Bürgerinnen und Bürger bilden sich ihre Meinung schon selbst. Zweitens, Wahlen gehen um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit. Allenfalls ist die Vergangenheit hilfreich oder eine Last, Menschen davon zu überzeugen, einem das Vertrauen auszusprechen. Aber entscheidend ist das, was nach vorne angeboten wird. Darüber war zu wenig zu erfahren.

Noch einmal Rolf Mützenich: “Jede neue Regierung wird vor demselben Problem stehen, an dem die alte Regierung zerbrochen ist. Sie wird viel mehr Geld investieren müssen, als sie derzeit einnimmt. Sie wird die Ungleichheit zwischen den vielen mit normalen Einkommen und den ganz wenigen mit sehr großen Vermögen genauso anpacken müssen und zugleich in die internationale Sicherheit investieren müssen.”

Viele erleben unsere Zeit als ein großes Durcheinander. Es fehlt das Gefühl, daran etwas ändern zu können. Selbst wenn man sich anstrengt. “Der Politik” wird wenig zugetraut. Vielleicht nicht einmal, dass sie die Probleme sieht. Vereinzelung, Gruppeninteressen und Verlustängste bedrohen den gesellschaftlichen Zusammenhalt. So, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen.

Wir leben in einer Zeit des Übergangs. Heute werden die Weichen dafür gestellt, ob es uns gelingt, klima- und umweltverträglich zu leben und zu arbeiten und gleichzeitig immer wieder neue Arbeitsplätze und Perspektiven für die Menschen zu schaffen. Es entscheidet sich, ob unser Land zunehmend auseinanderdriftet oder ob es gelingt, ein neues Wir-Gefühl zu schaffen. Ob sich in der Welt die Stärke des Rechts durchsetzt oder das Recht des Stärkeren.

Wir sind dabei, die Energieversorgung komplett umzustellen, die industrielle Basis ist auch deswegen mindestens unter Druck, die Infrastruktur ist vielfach marode, die äußere Sicherheit muss auch ohne oder mit weniger Einsatz der USA gewährleistet werden, ein neuer globaler Handelskrieg droht, viel zu langsam begreifen wir, was der demografische Wandel für uns wirklich bedeutet und das Bildungssystem wird schon lange eher zum Ausputzer gesellschaftlicher Probleme degradiert und hebt die einzige Ressource, die wir im Land haben, das Gold in den Köpfen, nur sehr unzureichend. Wir, nach Möglichkeit gemeinsam in Europa, müssen uns fit machen in einem bedrohlicher werdenden Umfeld. Viel sollte, müsste, muss sich ändern. Das kostet Geld. Die Leute sollten wissen, wer das bezahlen soll.

Gegen immense Widerstände müssen wir eine Entwicklung zurückweisen, in der jeder nur versucht, auf Kosten anderer für sich das Beste herauszuholen. Wer die Welt als Nullsummenspiel begreift, schafft nur Verlierer. Es ist Zeit, neue Orientierung zu schaffen, wo wir wirklich stehen und wie es weitergehen kann. Der Wahlkampf bietet dafür eine Chance.

Herzliche Grüße

Ihr/Euer Lars Castellucci

 

Termine

  • Samstag, 16. November, 10:30 Uhr: Ordentlicher Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg “Zukunft. Gemeinsam. Machen.”, Oberrheinhalle, Offenburg
  • Montag, 18. November, 13:00 Uhr: Eröffnung Wanderausstellung des Deutschen Bundestages, Wilhelmi-Gymnasium, Musiksaal 2, Schubertstraße 2, Sinsheim
  • Dienstag, 19. November: Tag vor Ort Bruchhausen
  • Dienstag, 19. November, 19:30 Uhr: Lesung zum 9. November „Rettet die Demokratie“ durch Dirk Neubauer, Bücher Dörner, Hauptstraße 84, Wiesloch (Anmeldung unter: castellucci.wk@bundestag.de)
  • Mittwoch, 20. November, 18:00 Uhr: Öffentlicher Rundgang durch die Ausstellung „Kommt zusammen! Moschee, Kirche, Synagoge“ und Gespräch mit dem Künstler Jochen Gewecke, Friedrich-Dannenmann-Straße 60, Tübingen
  • Donnerstag, 21. November, 14:30 Uhr: Veranstaltung der AG60plus Freiburg zu „Migration gut regeln“, AWO Cafeteria, Tennenbacherstraße 38, Freiburg